Interview

MN: Und du meinst, das haben die Menschen nicht so verstanden, wie es nicht nur damals hätte verstanden und ernstgenommen werden müssen?

CF: Ja. Ich konnte in der Rückschau erleben, was für einen ungeheuren Schmerz es für Rudolf Steiner bedeutete, dass die Menschen einfach geschlafen haben und nicht reif waren, die spirituellen Impulse wirklich zu ergreifen.
Für mich war das furchtbar niederschmetternd, mich so unerbittlich mit den Folgen des damaligen Versagthabens konfrontiert zu sehen. Das geschah zudem noch am selben Ort, nämlich der ersten, 1919 in Stuttgart begründeten Waldorfschule, damals als Lehrerin, in diesem Leben als Mutter – die ganze Problematik mehr von außen erlebend.

MN: Dein Mann Markus hatte vor 15 Jahren mit der Konzeption und Einrichtung eines Archivs über die erste Waldorfschule zu tun. Hatte dich das damals näher interessiert? Hatte es dir geholfen, damit später durch äußerliche Fakten deine eigenen Erfahrungen überprüfen zu können?

CF: Markus hat ja nicht nur das Archiv bearbeitet, sondern sich schon lange Zeit vorher intensiv mit der Geschichte der Anthroposophischen Gesellschaft auseinandergesetzt und eine umfangreiche Bibliothek zu diesem Thema besessen. – Ich habe durch ihn sicher viel erfahren, was mich von mir aus weniger interessiert hätte. Bis dahin hatte ich mich mehr mit Steiner selbst beschäftigt, nicht mit der Problematik des Umfeldes und der Zeit nach seinem Tod.
Als ich dann zum Beispiel die Bücher über Ita Wegman las, empfand ich das, was sich in dieser Gesellschaft alles abgespielt hatte, als reinsten Horror und habe nur gehofft, dass ich mit diesem ganzen Zirkus nichts zu tun haben möge.
Die erste Erinnerung an diese Zeit hat mich dann auch richtig schockiert. Das war bestimmt keine Wunschvorstellung! Ich fragte Markus dann nach dieser Rückerinnerung nach dem Buch über den Lehrerkreis um Rudolf Steiner, um meine Erfahrungen überprüfen zu können. – Es war schon eine wertvolle Hilfe, ergänzend zu den eigenen Erlebnissen eine äußere Lebensbeschreibung zu finden, wobei ja auch klar ist, dass eine äußere Lebensbeschreibung durch andere Personen die innere Realität dieses Menschen gar nicht zum Ausdruck bringen kann.

Wenn man Namen konkret benennt, gibt es böses Blut, wenn man sie nicht nennt, gibt es entsprechende Gerüchte… So oder so kann man sich möglichen Böswilligkeiten leider nicht entziehen. Natürlich kann es wirklich sehr gute Gründe geben, einer kleineren oder größeren Öffentlichkeit nicht den mitgeteilten Erkenntnissen aus der eigenen Vergangenheit den Namen hinzuzufügen, sei er unbekannt oder – vielleicht sogar nur ganz kleinen Kreisen – bekannt… Aber man sollte prüfen, denke ich, ob es heute nicht doch an der Zeit ist, hierüber – wenn es denn irgend vertretbar ist – offener zu werden… –

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MN: Selbst wenn innerhalb der Waldorfschulbewegung die Namen der gesamten Lehrerschaft der ersten Waldorfschule bekannt wären (was ich bezweifle), so wird sicher niemand auftreten, der nun deshalb besondere Affinitäten danach hätte, diese oder jene wiedergeborene Lehrkraft zu sein, so dass es ein relativ „ ungefährlicheres Pflaster“ ist… – Ich würde mich freuen und wäre wirklich dankbar, wenn du den Namen aussprechen könntest, den du nach deiner Karma-Erkenntnis im letzten Leben gehabt hast.

CF: Na, wenn du schon so direkt fragst: Clara Michels. – Ich glaube kaum, dass dieser Name irgend jemandem etwas sagt und würde mich wundern, wenn sonst noch jemand meint, das gewesen zu sein. Natürlich „irrt der Mensch, solang‘ er strebt“. Das gilt für mich wie für andere und davon ist, laut Rudolf Steiner, ja selbst der höchste Eingeweihte nicht ausgenommen. Ein viel größeres Problem als die Möglichkeit sich zu irren, ist aber doch die Angst vor dem Irrtum, sind Rechthaberei und Perfektionsansprüche. Man muss mit offenen Fragen und „Arbeitshypothesen“ leben können – wie übrigens in der Naturwissenschaft auch. Ich stelle meine gewonnenen Einsichten auch immer wieder in Frage und überprüfe sie mit den mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten.

MN: Ich danke dir für den Gedanken, dass die Angst vor dem Irrtum das eigentliche Hindernis ist, sich auch in Frage stellen zu können… Wenn ich es recht bedenke, verhindert es diese – vielleicht sogar unerkannte – Angst ja im Grunde, dass man seine Erkenntnisse mit anderen in ein Arbeitsgespräch bringt, die über denselben Gegenstand andere Erkenntnisse fanden. Wenn das geschähe, werden geisteswissenschaftliche Forschungen auch immer mehr aus dem „ Verkündigungscharakter“ herauskommen… Wie hast du im Falle der Clara Michels äußerlich dasjenige überprüft, was du geistig erforschen konntest?

CF: In diesem Fall habe ich zum Beispiel das Geburts- und Todeshoroskop durch eine erfahrene Astrologin vergleichen lassen mit meinem jetzigen Geburtshoroskop. Sie hat, ohne zu wissen, um wen es ging, aufgrund dieser Analyse ziemlich genau die in dem damaligen Leben sich entwickelte Problematik, die sich mit meinen Erinnerungen deckt, geschildert und die betreffenden Themen in verwandelter Form in meinem jetzigen Horoskop wieder gefunden. – Außerdem lässt sich durch den Vergleich vom Todeshoroskop eines früheren Lebens mit der Geburtskonstellation des späteren immerhin sagen, ob danach ein Zusammenhang ausgeschlossen ist oder nicht. – Durch solche Prüfungen kann man zwar nicht auf bestimmte Verkörperungen schließen, sie können aber – zusammen mit anderen bestätigenden Hinweisen und dem Gesamtkontext erkannter früherer Inkarnationen – zu einer erfahrbaren Gewissheit führen.
An dieser Stelle sollte ich doch erwähnen, dass ich meine ersten Erfahrungen mit der Karmaforschung dank der Hilfe meiner Mutter und der von ihr entwickelten Methode machen konnte: Heide Oehms dürfte ja den meisten Lazarus-Lesern bekannt sein. Denn auch wenn ich diese Methode relativ schnell selbständig anwenden konnte, glaube ich kaum, dass ich ohne diese Hilfe zu so konkreten Ergebnissen gekommen wäre.

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MN: Welche Eindrücke sind dir aus jener Inkarnation gegenwärtig? – Sind in diesen karmischen Rückerinnerungen auch Begegnungen mit Rudolf Steiner enthalten? – Wie hast du die Quintessenz jenes Lebens in der Rückschau erlebt?

Die Rückerinnerung an die Begegnung mit Rudolf Steiner gehörte für mich zu den ersten Erfahrungen auf diesem Gebiet und kam für mich völlig überraschend, aber in einer erschütternden Deutlichkeit. Sonst habe ich in den Erinnerungsbildern eher blasse oder undeutliche Eindrücke von anderen Personen, aber Rudolf Steiner stand wie leibhaftig vor mir. Er war ungeheuer ernst und sprach mit großer Sorge von den Zuständen innerhalb der Gesellschaft. Die Szene fand in Dornach unter freiem Himmel statt, mit einer kleinen Gruppe von Menschen, die sich vielleicht zufällig dort getroffen hatte. Das erste Goetheanum war noch vorhanden.

Den genauen Inhalt des Gesprächs konnte ich nicht wahrnehmen, nur die Stimmung, die sehr bedrückend war. Ich hatte den Eindruck, dass Rudolf Steiner sehr an alle Anwesenden appellierte hat, das nun Erforderliche zu tun. Ich empfand das wie einen Auftrag und wusste im selben Moment – also mit dem jetzigen Bewusstsein in der Rückerinnerung -, dass ich das nicht geschafft hatte. Gleichzeitig wurde mir klar, dass ich in Dornach nur zu Besuch war und der Auftrag sich auf einen anderen Ort bezog.
Dann tauchte die Stuttgarter Schule auf, ich sah mich in einem Klassenraum jüngere Kinder unterrichten, cirka 3./4. Klasse. Und es erschien eine Szene mit Rudolf Steiner, wie er mir auf dem Schulhof begegnete und mich ermutigte, so weiterzumachen. – Später ergänzten sich diese ersten Eindrücke durch weitere Nachforschungen.

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